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Narzissmus - Egoistischer Persönlichkeitsstil oder Störung?

Autorenbild: Jacqueline DeissnerJacqueline Deissner

Narzissmus oder doch nur Egoistisch? Überall wird darüber gesprochen. Doch wie unterscheidet man zwischen Narzissmus als Persönlichkeitsstil und Narzissmus als Störung? Und ab wann wird Narzissmus problematisch in Beziehungen?

 

Narzissmus wird häufig als Modewort verwendet, hat jedoch in der Psychologie eine präzise Definition. Er beschreibt ein Spektrum von gesundem Selbstwertgefühl bis hin zu problematischen Verhaltensweisen. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen einem egoistischen, den sogenannten narzisstischen Persönlichkeitsstil und einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung.


Die amerikanische Forscherin Elsa Ronningstam unterscheidet drei Subtypen von Narzissmus:


1. Exhibitionistischer Narzissmus

2. Grandioser Narzissmus

3. Vulnerabler Narzissmus


Diese Typen unterscheiden sich hauptsächlich in der Art und Weise, wie sich die Symptome und Verhaltensweisen zeigen. Während detaillierte Abgrenzungen in Fachbüchern zu finden sind, möchte ich in diesem Artikel einen persönlichen Ansatz wählen. Mein Ziel ist es, meine Erfahrungen zu teilen, um dir zu helfen, dich verstanden zu fühlen. Denn meine Erlebnisse haben gezeigt, dass selbst narzisstische Züge, die als Persönlichkeitsstil auftreten, bereits schädliche Auswirkungen auf Beziehungen haben können.


Ein besonders wertvoller Rat, den ich von Janett erhielt, bei der ich mehrere Coachingstunden absolviert habe, lautet: Wenn du jemandem respektvoll deine Bedürfnisse und Grenzen mitteilst, zeigt sich sehr schnell, wer diese Person wirklich ist. Diese Einsicht hat mein Leben nachhaltig verändert.


Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung. Damit der Lesefluss nicht gestört wird, verwende ich die männliche Form – sie kann jedoch ebenso weiblich interpretiert werden:


Wenn du in einer Beziehung deine Grenzen geäußert hast, weil du dich durch das Verhalten deines Partners übergangen gefühlt hast, und er daraufhin mit typischen narzisstischen Reaktionen reagiert, könnte das folgende Dynamik zeigen:


Empfindlichkeit auf Kritik: Anstatt deine Grenze zu akzeptieren, reagiert er wütend oder verletzt, weil er deine Kritik als Angriff auf sein Selbstbild empfindet.


Schuldumkehr: Er gibt dir die Schuld und argumentiert, dass du den Streit verursacht hast, anstatt Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen.


Wahrnehmungsverzerrung: Er stellt die Situation so dar, dass seine Handlungen harmlos erscheinen, während deine Reaktion als übertrieben oder falsch angesehen wird. Oder unterstellt dir eine übertriebene Wahrnehmung.


Streit verursachen: Ein einfaches Gespräch über deine Grenzen eskaliert schnell, weil er versucht, die Kontrolle über die Situation zu gewinnen, anstatt sich mit deinen Bedürfnissen auseinanderzusetzen.


Abwertung: Er könnte dich abwerten, indem er sagt, dass du "zu sensibel" bist oder "immer übertreibst", was dein Selbstwertgefühl untergräbt.


Schwierigkeiten mit Empathie: Er zeigt wenig Verständnis für deine Gefühle und konzentriert sich nur auf seine eigene Wahrnehmung und Verletzung. Achtung: Im Alltag zeigen diese oft ihre erlernte Empathie, indem sie Verständnis für die Gefühle anderer zeigen oder Unterstützung anbieten. Diese Empathie kann jedoch oberflächlich sein und von sozialen Normen geprägt werden.


Häufig folgt auf eine Abwertung ein Versuch zur Wiedergutmachung – oft wird versucht, die Nähe wiederherzustellen. Solche Verhaltensweisen können zusätzlich verwirrend und irritierend sein und das Wohlbefinden in einer Beziehung erheblich beeinträchtigen.


Es ist wichtig zu beachten, dass jeder individuelle Grenzen hat. Was für dich akzeptabel ist, kann für jemand anderen unangenehm sein. Mein Ziel ist es, darauf hinzuweisen, dass ungesunde Beziehungsdynamiken häufig in feinen, subtilen Verhaltensweisen zum Ausdruck kommen. Auch wenn diese Verhaltensweisen klein erscheinen mögen, können sie dennoch erheblichen Einfluss auf dein emotionales Wohlbefinden und deine psychische Gesundheit haben.


Bist du unsicher, ob du dich in einer ungesunden Beziehungsdynamik befindest? Hier ist ein hilfreicher Hinweis: Unsere Gefühle können uns manchmal täuschen. Zum Beispiel könnten wir trotz mangelnder Wertschätzung intensive Verliebtheit empfinden. Dies kann daran liegen, dass unser Gehirn verschiedene Bereiche für unterschiedliche Funktionen hat. Das limbische System, das zentrale Emotionen, Gefühle und Bindungserfahrungen verarbeitet, speichert unsere emotionalen Erlebnisse und Erinnerungen. Aufgrund dieser Speicherung können auch negative oder ungünstige Denkmuster und Verhaltensweisen festgehalten werden, die nicht immer die besten Entscheidungen fördern. Im Gegensatz dazu ist der Neokortex für rationales Denken, logische Analyse und bewusste Entscheidungsfindung verantwortlich. Er ermöglicht uns, analytisch und objektiv zu reflektieren. Wenn wir unseren Verstand und unser logisches Denken einsetzen, können wir oft klarere Erkenntnisse gewinnen. Beispielsweise kann der Neokortex uns helfen, zu erkennen, ob wir liebevoller und wertschätzender behandelt werden sollten oder ob sich unser Gegenüber widersprüchlich verhält.


Fazit: Durch den Einsatz von Logik und Verstand können wir präzisere und fundiertere Einsichten gewinnen, die uns helfen, ungesunde Beziehungsdynamiken besser zu erkennen und zu bewältigen.


**Der kleine, aber entscheidende Unterschied zu gesunden Beziehungsdynamiken:**


Ein emotional gesunder Partner würde auf deine Äußerungen anders reagieren. Anstatt verletzt oder wütend zu sein, würde er reflektieren und erkennen, dass seine Handlungen dich verletzt haben. Selbst wenn er deine Reaktion nicht vollständig nachvollziehen kann, würde er mit Mitgefühl und Verständnis auf dich zugehen. Seine Perspektive würde von einem "Ich"-Fokus zu einem "Wir"-Fokus wechseln, weil ihm eure Beziehung wichtig ist. Dies zeigt sich in seinen Worten, Handlungen und seiner Bereitschaft, an der Beziehung zu arbeiten. Liebevoll und respektvoll kommuniziert, lässt sich erkennen, ob jemand in der Lage ist, gesunde Beziehungsmuster zu leben. Ein Mensch, der wirklich auf eure Beziehung achtet, wird immer bereit sein, zuzuhören, sich zu hinterfragen und auf deine Bedürfnisse einzugehen.




 

Quelle: Ronningstam, E. (2005). Identifying and Understanding the Narcissistic Personality. Oxford University Press.
















Quellen:




 
 
 

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